EU-Aktionsplan zum NPL-Abbau: Reagieren, bevor es zu spät ist.
Mit einem Aktionsplan zum Abbau von notleidenden Krediten (NPL) möchte die Europäische Union (EU) eine drohende Finanzkrise verhindern. Im Interview erzählt Freda Stockfleth, Senior Vice President Corporate Legal and Public Affairs bei EOS, welche Maßnahmen der Plan enthält und warum er nicht für alle Beteiligten nur Vorteile birgt.
- Im Zuge der Corona-Pandemie ist ein Anstieg der NPL-Quote in Europa zu befürchten.
- Finanzkrise abwenden: Die Europäische Kommission hat einen Aktionsplan erarbeitet, der auch der Stärkung des NPL-Marktes dienen soll.
- Der Plan hat auch Auswirkungen für Kreditdienstleister und -käufer wie EOS.
Warum braucht es einen EU-Aktionsplan zum Abbau von NPL?
FREDA STOCKFLETH: Die Corona-Krise hat viele Privatpersonen und auch Unternehmen hart getroffen. Dass wir 2020 noch eine vergleichsweise geringe Anzahl an Insolvenzen hatten, liegt vor allem an verschiedenen Maßnahmen wie zum Beispiel Moratorien, die den Kreditnehmer*innen erst einmal Aufschub gegeben haben. Sobald diese auslaufen, wird der Anstieg an notleidenden Krediten aber mit ziemlicher Sicherheit kommen. Und dann bekommen auch die Banken die Krise deutlich zu spüren. Und darauf will die EU sich mit diesem Aktionsplan vorbereiten.
Wie stellt man sich dieser Krise also entgegen?
Wir wissen, dass wir den Anstieg an notleidenden Krediten nicht ganz aufhalten können. Wir wissen aber auch, dass es nicht so schlimm werden muss wie beispielsweise nach der Finanzkrise 2008. Dafür ist jetzt allerdings Eile geboten. Deshalb freut es mich, dass das Thema in 2021 ordentlich an Fahrt aufgenommen hat. Die EU-Kommission hat den Plan im Dezember 2020 veröffentlicht und dort unterschiedliche Maßnahmen vorgestellt.
Warum ist hier eine EU-weite Lösung gefragt?
Die Corona-Krise hat wieder einmal gezeigt, dass die EU-Länder mittlerweile rechtlich und wirtschaftlich sehr stark miteinander verzahnt sind. Das gilt vor allem für den Bankenbereich. Außerdem gibt es in Europa neben kleinen, regionalen Banken auch etliche große Bankhäuser, die in vielen EU-Staaten tätig sind. Wenn von denen eines in Schwierigkeiten gerät, dann sind Landesgrenzen eben kein Thema mehr.
Mit Investitionen in NPL leisten Unternehmen wie EOS einen erheblichen Beitrag zur Stabilisierung des europäischen Wirtschaftskreislaufs – das unterstreicht der Aktionsplan noch einmal deutlich.
Freda Stockfleth, Senior Vice President Corporate Legal and Public Affairs bei EOS
Welche Maßnahmen beschreibt der EU-Aktionsplan, um den Abbau von NPL zu fördern?
Drei Hauptziele des Aktionsplans sind der Schutz der Kreditnehmer*innen, die Harmonisierung des europäischen Insolvenzrechts und die Stärkung des NPL-Marktes. Bei letzterem Punkt geht es zum Beispiel um die Transparenz der Daten, die Kreditkäufer vorab zur Verfügung gestellt bekommen. Je besser die Qualität der Daten zu den gehandelten Krediten ist, desto besser können Investoren die Qualität der Forderungen beurteilen und damit den bestmöglichen Preis bieten. Zudem soll es über weitere Maßnahmen neuen Käufern erleichtert werden, in den NPL-Markt einzusteigen.
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Der EU-Aktionsplan bezieht also neben den Banken auch die Kreditkäufer und -dienstleister mit ein…
Ganz genau. Im Juni haben sich die europäischen Institutionen auf eine Richtlinie geeinigt, die sich speziell an Kreditdienstleister und -käufer richtet. Die soll künftig beispielsweise die Lizensierung von Kreditdienstleistern harmonisieren. Das finde ich gut. Es gibt aber auch einige Aspekte dieser Richtlinie, die meiner Meinung schon sehr stark in die operative Tätigkeit dieser eingreifen.
Welche wären das?
Zum Beispiel eröffnet die Richtlinie den EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Kreditdienstleistern generell zu untersagen, Gelder von säumigen Zahler*innen anzunehmen. Das widerspricht einerseits der geübten Praxis in Europa und wäre anderseits ein starker Eingriff, der in der Praxis
Vieles erschweren würde.
Vieles erschweren würde.
Was wäre die Folge eines solchen Verbotes?
Kurz gesagt würde es bedeuten, dass der Krediteigentümer – also der Investor – selbst die Zahlungen annehmen und verwalten müsste. Er müsste also für die für die Rückzahlungen der Kreditnehmer*innen ein Konto einrichten, auf das das Geld gezahlt werden kann. Die Einrichtung und das Monitoring solcher Bankkonten müsste er selbst übernehmen, obwohl er dafür extra einen Kreditdienstleister engagiert hat. Im Fall von EOS wäre das da unproblematisch, wo wir gleichzeitig als Investor und Dienstleister auftreten. Das ist aber nicht immer der Fall und dann wird es auch für uns unpraktikabel. Noch ungünstiger wäre dies für reine Investoren wie z.B. große Private Equity Fonds. Wenn die in NPL investieren, wollen sie nicht selbst in unterschiedlichen EU-Ländern Bankonten eröffnen, sondern diese Aufgabe an einen seriösen und lizensierten Servicer übergeben. Wer einmal im Ausland ein Konto eröffnet hat, weiß, dass das selbst innerhalb der EU immer noch eine Herausforderung ist.
Wie steht EOS also zum derzeitigen Stand des EU-Aktionsplans zum NPL-Abbau?
Zunächst einmal sind wir froh darüber, dass das Thema, durch die Veröffentlichung des Aktionsplans im Dezember 2020 wieder in den Vordergrund gerückt ist.
Wir stehen harmonisierten Anforderungen an NPL-Investoren und deren Dienstleistern sowie hohen Standards im Verbraucherschutz aufgeschlossen gegenüber. Gleichzeitig muss aber berücksichtigt werden, dass das operative Geschäft von Kreditdienstleistern
in der Praxis nicht zu sehr beeinträchtigt wird. Mit Investitionen in NPL leisten Unternehmen wie EOS einen erheblichen Beitrag zur Stabilisierung des europäischen Wirtschaftskreislaufs – das unterstreicht der Aktionsplan noch einmal deutlich. Damit sie diese Lösungen anbieten können, muss sich das Geschäft für den Kreditkäufer aber auch lohnen.
Wir stehen harmonisierten Anforderungen an NPL-Investoren und deren Dienstleistern sowie hohen Standards im Verbraucherschutz aufgeschlossen gegenüber. Gleichzeitig muss aber berücksichtigt werden, dass das operative Geschäft von Kreditdienstleistern
in der Praxis nicht zu sehr beeinträchtigt wird. Mit Investitionen in NPL leisten Unternehmen wie EOS einen erheblichen Beitrag zur Stabilisierung des europäischen Wirtschaftskreislaufs – das unterstreicht der Aktionsplan noch einmal deutlich. Damit sie diese Lösungen anbieten können, muss sich das Geschäft für den Kreditkäufer aber auch lohnen.
Wird der EU-Aktionsplan deiner Meinung nach den NPL-Markt nachhaltig verändern?
Das wird sich zeigen. Aus heutiger Perspektive ist er jedenfalls ein Signal an alle Akteure auf dem NPL-Markt. Ein Signal, dass man etwas unternehmen muss, bevor sich Europa in einer zweiten Finanzkrise wieder findet.
Kontakt
Sabrina Ebeling
Corporate Communications & Marketing
Tel.: +49 40 2850-1480
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