So beeinflusst die NPL-Quote der Banken die Kreditvergabepraxis.

Warum straffen einige Banken ihre Bedingungen für Unternehmenskredite – während andere ihre Kriterien lockern? Und warum klagen kleine Unternehmen über höhere Zinsen als große Konzerne? Ein Blick auf die NPL-Bestände der Banken liefert Antworten.

Banken weichen, laut Umfrage der EZB die Richtlinien für die Vergabe von Krediten auf. Jedoch machen nicht alle Banken mit. Vor allem Banken mit einem Hohen Bestand an NPLs haben ihre Bedingungen gestrafft.
Gelockerte Bonitätsstandards für Darlehen – darüber konnten sich jüngst viele Unternehmen in Europa freuen. Laut einer vierteljährlichen Umfrage der Europäischen Zentralbank (EZB) weichten Banken in der Eurozone in der zweiten Jahreshälfte 2018 interne Richtlinien und Kriterien für die Kreditvergabe auf. Im dritten Quartal stieg der Wert, in dem die EZB das Vergabeverhalten der Banken zusammenrechnet, um sechs Prozentpunkte und im vierten Quartal noch mal um einen Punkt.

Aber nicht alle Banken machen bei dieser Lockerung mit, von der vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) profitieren. Banken mit hohen Beständen an „non-performing loans“ (NPL) haben ihre Bedingungen für Unternehmens- und Immobilienkredite gestrafft – und sie erwarten, dass sich dieser Trend im ersten Halbjahr 2019 auch noch auf Privatkredite ausdehnen wird.

Europäische Zentralbank beobachtet notleidende Kredite im Euroraum.

Die Europäische Zentralbank hat seit der Finanzkrise ein wachsames Auge auf NPLs und will den Banken Anreize liefern, diese „faulen Kredite“ zu verkaufen. Dahinter steht auch die Sorge um die Konjunktur, wenn es für KMU schwieriger wird, an Kredite zu kommen.

„Wenn wir über die Realwirtschaft sprechen, über Arbeitsplätze und Wachstum, dann sprechen wir meistens über kleine und mittelständische Unternehmen,“ sagte Danièle Nouy, die damalige Chefin des Einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismus (abgekürzt SSM für „Single Supervisory Mechanism“) der EZB im Juli 2018. „Und leider haben wir im Zuge der Krisen gesehen: KMU sind anfälliger bei Veränderungen im Geschäftsumfeld als große Konzerne.“

Laut Nouy sind 99,8 Prozent aller EU-Firmen KMU und generieren 60 Prozent der Wertschöpfung des Wirtschaftsraums. Aber sie haben es schwerer im Umgang mit Banken, weil sie – anders als börsennotierte Konzerne – keine regelmäßigen Finanzberichte veröffentlichen. Banken fällt es darum schwerer, die Kreditrisiken abzuschätzen. Die Folge: strengere Vergabebedingungen und höhere Zinsen.
Besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen setzen Banken mit hohen NPL Beständen die Zinsen hoch an.

Anteil notleidender Kredite beeinflusst Zins – vor allem für kleine Unternehmen.

KMU seien oft von einer Hausbank abhängig, meinte Nouy. „Hat es ein KMU einmal geschafft, ein gutes Verhältnis zu einer Bank aufzubauen, wird es für dieses Unternehmen sehr teuer, zu einer anderen Bank zu wechseln.“ KMU sind gerade durch diese Abhängigkeit strukturell benachteiligt.

Das sieht man in guten Zeiten: In einer Unternehmensbefragung der EZB zwischen April und Oktober 2018 berichteten acht Prozent der Kleinst- und zwei Prozent der Kleinunternehmen über neuerlich steigende Zinskosten für Kredite. Für größere Firmen stellte sich im selben Zeitraum die Lage am Kreditmarkt deutlich anders dar: Drei Prozent der befragten Großkonzerne und auch drei Prozent der größeren KMU berichteten von weiterhin sinkenden Zinsen.

Und das sieht man auch in schlechten Zeiten: Zwei EZB-Ökonomen konstatierten in einem „ECB Working Paper“ im August 2017, dass von 2007 bis 2015 gerade KMU unter steigenden Zinsen gelitten hätten. Der Zinsaufschlag für KMU, der sogenannte „small firm financing premium“, sei teilweise mehr als doppelt so hoch gewesen wie in Nichtkrisenzeiten. Gründe dafür waren instabile Bankbilanzen und die Marktmacht von Hausbanken gegenüber KMU-Kunden: Banken mit hohen NPL-Beständen setzten besonders bei der Kreditvergabe an KMU die Zinsen hoch.

„Wenn sich Banken in schwierigen Zeiten befinden und Verluste an einer Stelle an einer anderen ausgleichen müssen, wenden sie sich an die, die nicht so einfach davonlaufen können,“ erklärte Nouy. Darunter fielen gerade die „abhängigen Kreditnehmer“ – also viele KMU. Auch deshalb sei die EZB entschlossen, Europas Banken zum Abbau ihrer NPL-Altlasten zu drängen.
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